Wie Gastronomen in China die Corona-Krise meisterten und was wir daraus lernen können
Dezember 2019 registrieren chinesische Behörden erste Erkrankte mit einer bisher unbekannten Lungenerkrankung. Nur einen Monat später waren bereits über 3000 Fälle gemeldet und 80 Todesfälle zu beklagen. Kurz vor dem chinesischen Neujahr am 12. Februar wurde eine allgemeine Quarantäne in China ausgerufen - Menschen mussten Zuhause bleiben, strenge Kontrollen und Hygienestandards wurden eingeführt, der Betrieb in Restaurants und Hotels wurde auf ein Minimum runtergefahren.
Was bis vor kurzem völlig unvorstellbar war, ist inzwischen auch bei uns zur Realität geworden: Quarantäne und Totalsperre sind keine fremden Begriffe mehr, sondern unser Alltag. Während sich die Lage in China mittlerweile wieder stabilisiert hat, stecken wir noch mitten drin in der Krise.
Wir sprachen mit Harald Fitzek (General Manager bei Kempinski in Taiyuan, China) und Dominik Nagiller (Investor in Peking, China) darüber wie die Krise über sie hereinbrach, wie sie damit umzugehen lernten und wie sich der Weg zurück in die Normalität gestaltet.
Ihr befindet euch sozusagen in der Zukunft. China ist uns in der Krise 2-3 Monate voraus. Wie war es damals für euch als alles begann?
Nagiller: „Am Anfang dachte jeder, es ist ein chinesisches Problem. Wie damals SARS, das wurde rasch wieder unter Kontrolle gebracht. Aber als sich nach und nach Berichte über die rasche Verbreitung häuften, wurde uns allen bewusst, dass das ein globales Problem ist. Gegen Mitte Januar wurden an öffentlichen Plätzen Desinfektionsstationen aufgebaut, die Infektionsketten wurden streng kontrolliert und wir wurden aufgefordert zu Hause zu bleiben.”
Fitzek: „Bei uns im Hotel war es ähnlich. Wir haben zusätzliche Maßnahmen getroffen und unsere Mitarbeiter Hygieneschulungen gegeben, Temperaturen gemessen und versucht nachzuvollziehen, ob sie mit einem Infizierten in Kontakt waren. Generell muss gesagt werden, dass die Kontrollen hier viel strenger als in z.B. Deutschland sind. Es wird sehr darauf geachtet mit wem man Kontakt hatte, es wird auch viel mehr getestet. Ich glaube, dass ist wichtig um die Verbreitung dieser Krankheit richtig einzudämmen.”
Herr Fitzek, wie war die Lage generell in eurem Hotel? Wie seid ihr damit umgegangen?
Fitzek: „Da in unserem Hotel kein Vorfall war, durfte unser Hotel geöffnet bleiben. Der Spabereich sowie die 5 Restaurants mussten aber geschlossen werden. Wir boten unsere Zimmer mit Zimmerservice an. Obwohl das Angebot logischerweise nicht von vielen Gästen wahrgenommen wurde, konnten wir dank unserer guten Wintersaison fast unsere gesamte Belegschaft behalten. Trotzdem mussten wir uns plötzlich überlegen, welche Assets wir haben und wie wir diese verwerten. Es war eine schwierige Situation, wir mussten kreativ handeln.”
Für welche kreativen Maßnahmen habt ihr euch letzten Endes entschieden?
Fitzek: „Chinesisch Neujahr ist mitunter einer der wichtigsten Feiertage in China - wir waren ausgebucht und haben uns dementsprechend die Lager mit Vorräten aufgestockt. Und plötzlich weiß man nicht wohin damit. Wir haben mit unseren Stammgästen mittels WeChat (chinesisches WhatsApp) kommuniziert und eine Art Online Shop erstellt, in dem Essenskörbe bestellt werden konnten. Natürlich haben wir auch Take-Away und Lieferservice angeboten, das kam sehr gut in der Nachbarschaft an.”
Welche weiteren Optionen haben Gastronomen in dieser Zeit für sich genutzt?
Nagiller: „Es gab in China die Option Personal an Stellen weiterzuvermitteln, die unterbesetzt waren, wie z.B. Supermärkte oder Lieferservices. Oder das Sales Personal verkaufte z.B. live in einem Online-Store aktuelle Angebote. Das bietet sich besonders für größere Ketten an.
Fitzek: „Alle Gastronomen: Nutzt jetzt unbedingt eure Online Marketing Kanäle. Kontaktiert sowohl eure Stammgäste als auch Neukunden. Macht z.B. eine Facebook-Kochshow und verkauft die dazugehörigen Zutaten aus eurem Lager.”
Inzwischen läuft China nach 2 Monaten Totalsperre wieder zum Normalbetrieb auf. Wie sieht eure Realität nun aus?
Nagiller: „Restaurants öffnen nach und nach wieder, aber es gilt nach wie vor Sicherheitsabstände einzuhalten. Das schreckt Gäste immer noch ab, aber langsam füllen sich die Restaurants wieder.”
Fitzek: „Das stimmt, die Leute sind nach wie vor sehr vorsichtig. Deswegen geben wir jedem Gast beim Check-In ein Hygiene-Kit mit Maske, Seife und Desinfektionsmittel. So fühlen sie sich wohler und sicherer. Buchungen für den Winter kommen nun wieder regelmäßig rein, auch Hochzeiten und Banquets werden wieder gebucht. Wir messen weiterhin regelmäßig die Temperaturen unserer Mitarbeiter und stellen sicher, dass Hygienemaßnahmen eingehalten werden. Eine sichere Umgebung ist dieser Tage das Wichtigste. So können wir uns langsam wieder Richtung Normalität bewegen.”